Eine heiße Sohle wurde damals vor der Jukebox aufs Parkett gelegt. Der ganze Sound aus Amerika in einer Musik-Wunsch-Kiste – da kam mit Petticoats und Gel im Haar, auch so mancher bayrische Wirtshausboden in Schwingung. Kritisch beäugt von den etwas älteren Mitbürgern, hielten die Musikboxen in jedem abgelegenen Winkel Einzug. Der Allgäuer Rainer Böhm restauriert und vertreibt die kultigen Maschinen.
Zur Info: Das Wort „Jukebox“ kommt aus dem kreolischen Sprachraum und heißt so viel wie: „Obszöne Musik, Tanz oder Sprache“. Trotzdem machte der Siegeszug der anrüchigen Unterhaltung auch im Allgäu nicht halt. Das Allgäu rockte mit. 🙂 Aber so was von …
Knarz, Knirsch, wow – JUKEBOX!
… wenn dann die Platte auf den Teller kommt …
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Faszination Jukebox
20 Pfennig für ein Lied – das Taschengeld von Rainer Böhm landete damals oft in Jukeboxen. Als Fan von Elvis fand der Bua damals nicht nur die Technik der Musikboxen spannend. Die rockigen Rhythmen aus Amerika, das Silver Age Design (Stilelemente des amerikanischen Fahrzeugbaus) und wahrscheinlich auch die süßen Pin-Up-Girls – das ergab ein Mix, dem der kleine Rainer nicht widerstehen konnte. Er sammelte, restaurierte und vermietet auch heute noch die flotten Soundkisten der 50er, 60er und frühen 70er-Jahre.
Von (Jukebox) Sammlern und Jägern
Alles begann 1998 bei einem Biergarten-Gespräch unter Freunden. „So ne Jukebox im Wohnzimmer“ das wäre schon was. Ein paar Wochen später war so eine heruntergekommene Kiste für ein paar Märker ergattert, eine Seeburg von 1967, die kurz nach dem Erwerb schon wieder den Dienst quittierte.
Damals war fast noch prähistorische internetlose Zeit, was die Recherche langwierig machte. Nach langer Suche konnte Rainer einen Gleichgesinnten in Berlin finden, der auf dem Weg nach München, die Box wieder zum Leben erweckte.
Blut war geleckt, eine weitere möglichst „offene“ Jukebox musste her. Eine restaurierungsbedürftige Wurlitzer wurde in Freiburg gefunden. Stunden über Stunden wurde auseinandergebaut, dokumentiert, restauriert, nach Ersatzteilen gesucht, weiter repariert, geputzt, geschliffen, verchromt …. und dann …
Rainers erste edle Wurlitzer Model 1900 von 1954. Der Stern links oben ist übrigens ein Lautsprecher.
Wurlitzer, Rock Ola, AMI und die Bimbo Box
Schon während der Restaurierungsphase kamen weitere „Kultobjekte“ aus den wilden 50ern und 60er-Jahre hinzu. Viele versteckte Schätze gab es in Dachböden, Kellern und Schuppen zu entdecken. Und viele waren froh, dass das alte Glump weg war. Und so füllte sich die Sammlung von Rainer. Heute besitzt er über 40 Musikboxen namhafter Hersteller. Er gehört damit zu den Großen in der Szene. Und die Suche geht stetig weiter …
Eine alte Wurlitzer
Das ist so wie mit einer Harley-Davidson. Jeder möchte eine haben, sie sind auffällig und designtechnisch erste Sahne, viele sind utzteuer und die Technik und der Sound mit dem alten Cobra Ton-Abnehmer na ja …. Okay, bei der Harley ist der Sound schon genial, aber der Name kostet halt bei beiden etwas.
Die bodenständige Rock Ola
Im süddeutschen Raum war die Rock Ola Jukebox weitverbreitet. Nicht so opulent wie die Wurlitzer, aber saubere Technik, vielseitig, robust, günstiger – so wie wir Allgäuer das eben mögen. Die Platten im Kreislauf und voller Energie war sie in vielen hiaßigen Wirtschaften zu Hause.
AMI – Automatic Musical Instrument
Die AMIs hatten auch eine ganz große Bühne. Futuristische Modelle, wie die Continental erinnern eher an die Mondlandung – aber der Hype war ja auch um diese Zeit ….
Die Bimbo-Box
… auch wenn ich das heut kaum mehr sagen möchte, aber wir Kinder der 60er sind mit den Bimbo-Boxen groß geworden. Keine Wirtschaft, wo nicht so ein musikalisches Affentheater – manchmal auch in Verbindung mit „hochwertigen Geschenken“ uns das Taschengeld herauslockte. Dadurch, dass Musik nur begrenzt verfügbar war, waren auch diese Boxen eine Geldsammelmaschine. „Bimbo-Box“ war ein geschützter Markenname und sie wurden tatsächlich in Illertissen – fast noch Allgäu – hergestellt. Der Name heute eine Zumutung, damals fanden wir die Kisten faszinierend.
John Lennon & seine Discomatic
Zum Kultstatus hat es die transportable Jukebox für den Heimgebrauch, vom Beatle’schen Pilzkopf John Lennon gebracht. Die Discomatic mit Schweizer Technik (Ja, die Schweizer waren schon immer Käpsele) begleitete die Beatles 1965 auf ihrer Tour. 40 Songs – nur Lieblingslieder von John Lennon – und die abgefahrene Technik! wurde zu einem Kuriosum der Jukebox-Zeit, man könnte sagen der iPod der 60er-Jahre. 2004 kam John Lennon’s Jukebox – ein Beatle Album – auf den Markt, mit genau den Songs aus seiner der Discomatic.
Die Discomatic in der „Needfull Things69“ Sammlung im Allgäu ist nicht direkt von John, aber identisch die gleiche. Gefunden auf einem Flohmarkt unter möglichen und unmöglichem Kram. Der Besitzer wusste gar nicht, worum es sich handelt.
Restaurierung von Jukeboxen
Seeburg, Evans, Tonomat und wie sie alle noch heißen. Die Details sprengen hier den Rahmen, aber zu finden sind auch diese Modelle bei Rainer Böhm. Ist mal wieder ein Schätzchen gefunden, werden zwischen 150 und 200 Stunden Zeit investiert. Unterstützung kommt dabei von einem ganzen Netzwerk an Spezialisten. Ob Mechanik, Elektrik, ob Glas, Holz und Chrom, ob Dichtung und Aufhängung – überall ist handwerkliches Können gefragt.
Im Arbeitsleben ist Rainer Böhm Farbentwickler, was im bei der Restauration sehr zugutekommt. Perfektion ist gefragt, bis alles wieder glänzt und klingt.
Nostalgie! Eine Jukebox für Dein Event
Egal ob auf einer Messe, einem privaten Fest, oder einem geschäftlichen Event – mit einer Jukebox und einem Sammelsurium an Original-Utensilien, wird das Ambiente außergewöhnlich und nostalgisch. Und natürlich darf jeder SEIN Lied selber auswählen, denn die Musikboxen sind robust und für den harten Alltag in einer Kneipe ausgelegt. Du kannst alles mieten, und Rainer schaut im Hintergrund, daß die Technik läuft.
Und wenn Dir die Dinge aus dieser Zeit richtig gut gefallen, im Shop “Needful Things 69” gibt es auch Nostalgisches zu kaufen. (Link unten)
Übrigens: Es gibt auch Firmen, die eine Juke-Box im Aufenthaltsraum der Mitarbeiter stehen haben. Ja, Arbeiten im Allgäu kann sehr schön sein.
Rainer Böhm, bist´n wilder Hund
… und das mein ich bewundernd.
Mit dem Musikspeichermedium “Kasettenrekorder” verschwanden die Jukeboxen immer mehr. Musik ist heute überall verfügbar. Das ist cool. Aber noch cooler ist, daß es so – sagen wir mal G´spinnerte – wie Rainer Böhm gibt. Denn nur deshalb bleiben diese Kulturschätze erhalten und zaubern uns ein schmunzeln ins Gesicht.
Und am allercoolsten ist, daß bei Knopfdruck E6 „One night“ von Elvis erklingt. Ein bisschen knarzig, einwenig schepprig, aber einmalig grossartig.
Weiterführende Informationen
Der eBay Shop needful-things69 – für nostalgisches Sammelsurium
Facebook : needful-things69
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Jean pierre Beyeleram 31. Oktober 2020 um 20:06
Guten Abend
Suche eine Regis 120 und eine Princess 1962
Mit freundlichen GrüßenAntworten